Schottland 2020

Die Corona-krise stellt einen schon im Alltag vor so manche Probleme. Wie ist es aber mit dem Reisen in diesen unsicheren Zeiten. Zum Abfeiern an den Ballermann auf Mallorca oder in ein Raver-Partyhotel nach Kroatien zieht es mich ja sowieso weniger. Also tut man das, was eine möglich Ansteckung am unwahrscheinlichsten macht: Wandern in den schottischen Highlands. Die Reise war sowieso schon seit Januar gebucht und eine Stornierung wäre extrem kompliziert gewesen. Der Flieger von Ryanair war dann auch nur zu zwei Dritteln besetzt. Wenn man dann auch noch für den Transfer mit dem Bus über das Rollfeld zum Flieger mehr als nur einen Bus eingesetzt hätte, dann wären die Abstandsregeln auch konsequent eingehalten worden. Bei dem vollen Bus allerdings, waren die Bemühungen nicht ganz durchdacht…

Der Cairngorms Nationalpark

Edinburgh wollte ich mir für den letzten Tag aufbewahren. Also ging es, nach einem leckeren Frühstück aus der Papiertüte im Hilton Hotel,  zunächst in den Cairngorms Nationalpark. Und hier war ich erstmal erstaunt über die Vielfältigkeit der Landschaft und die riesigen Heideflächen. Da kann die Lüneburger Heide echt einpacken. Anfang September als Reisezeit zu wählen, war also die richtige Entscheidung.

Auch wenn die Stadt Aviemore nicht gerade besonders hübsch oder interessant ist, so ist sie doch eine gute Basis für wunderschöne Wanderungen im Nationalpark. Für mich ganz klar die schönste Gegend in Schottland.

Von Aviemore nach Thurso

Der grösste Reinfall war wohl Loch Ness. Wenn ich an einem so uninteressanten See wohnen würde, dann würde ich auch ein Ungeheuer erfinden, damit sich überhaupt mal ein Tourist in diese Gegend verirrt. Und das Drumnadrochit Castle konnte man nur mit einem über das Internet gebuchten Ticket besuchen. Alle Bemühungen, die Tickets mit Hilfe meines Smartphones zu ergattern, scheiterten an dem komplizierten Bestellvorgang.

Also gleich weiter nach Invergordon, wo mich mit dem Kincraid Castle ein echtes Schloss beherbergen durfte. Die vielleicht schönste Unterkunft der gesamten Reise, wo man sich selbst wie ein Schlossherr fühlen durfte. Touristische Highlights in der Gegend waren das Fyrisch Monument und die Rogie Falls. Der völlig uninteressante Ort Invergordon, konnte höchstens durch seine Wandmalereien bestechen.

In Dornoch gibt es eine Kathedrale, die aber, entgegen der Aussagen auf der Webseite, geschlossen war.


Nein, nein, das war nicht mein Mietwagen.

Kurz hinter Dornoch kann man das Dunrobin Castle besichtigen. Sogar ganz ohne Internetbuchung. Das Castle liegt direkt am Meer und hat einen wunderschön angelegten Garten, in dem ein Falkner die Flugkünste seiner Greifvögel präsentiert.

Nicht ganz so gut erhalten ist das Sinclair Castle, das wegen des Fehlens von Hinweisschildern auch nur wenig besucht ist.

Der Leuchtturm von John O’ Groats am Duncansby Head, wurde vom Grossvater des Schriftstellers Robert Louis Stevenson erbaut. Die markanten Felsen, die man über eine völlig vollgekackte Schafswiese erreichen kann, nennen sich „Die drei Schwestern“.

Ein weiterer Leuchtturm steht am Dunnet Head, dem nördlichsten Punkt des schottischen Festlandes. Kurz darauf erreicht man Thurso. Ein schäbiges Nest im Norden Schottlands. Gleich neben dem Schiffsfriedhof gibt es eine verfallene Abtei nebst Friedhof.


Das Cafe am Hafen war geschlossen und verwaist.

Die Nordküste und die nördlichen Highlands

Kaum zu glauben, dass das Wasser hier oben so klar und karibisch blau ist. Dass man sich nicht am Mittelmeer befindet, sieht man unter anderem daran, dass die Surfer hier dicke Trockenanzüge tragen. Die Wellen müssen etwas Besonderes sein, denn es waren nicht wenige von den knallharten Wellenreitern hier unterwegs. Hawaii kann doch jeder…

Jede Menge Schafe, die auch gerne mal einen Picknickplatz besetzen und Telefonzellen im Nirgendwo.

Das Ardvreck Castle und der Blick vom Ardvreck Guest House in Ullapool.

Die Abendstimmung über dem See erinnerte mich ein wenig an die Fjorde Norwegens.

Die Isle of Skye

Das Eilean Donan Castle liegt in der Nähe der Brücke zur Isle of Skye und ist das beeindruckendste Castle, das ich auf dieser Reise gesehen habe. Allerdings konnte ich es in Ermangelung eines Onlinetickets nur von aussen besichtigen. Das Eilean Donan Hotel ist erste Sahne und bietet einen fantastischen Blick auf den angrenzenden See.

Eine Wanderung zu den Fairy Pools an einem sonnigen Sonntag macht man bestimmt nicht allein. Hier tummeln sich die Einheimischen und die, die sich dafür halten, im eiskalten Wasser.

So ein schöner sonniger und warmer Tag, rächt sich natürlich. Es folgt ein völlig verregneter und stürmischer Montag, was das Sightseeing etwas anstrengend gestaltete. Das Dunvegan Castle konnte man ebenfalls nur von Aussen besichtigen. Das schlechte Wetter verlieh dem Fairy Glen allerdings etwas Mystisches. Der Aufstieg zum berühmten „Man of Stor“ war dann eine besondere Herausforderung. Der aufgeweichte Boden war durch die zahlreichen Wanderer zu einem knöcheltiefen Matsch verarbeitet worden, den einige furchtlose Chinesen in Flip Flops bezwangen, nur um festzustellen, dass man oben in den tiefhängenden Wolken praktisch nichts sieht.


Rechts: Die Macht der Smartphones. Hier hat schon lange keiner mehr telefoniert.

Absolute ruhe. Im Hotel gab es nicht einmal Handyempfang…

Mit der Fähre ging es am nächsten Morgen wieder auf das Festland. Auch hier galt wieder: Online buchen!

Um 11 Uhr morgens fährt die Harry Potter Dampflok über das Glenfinnan Viadukt. Da hätte ich rasen können wie ein Formel 1 Pilot, das hätte ich nicht geschafft. Kurz nach 11 Uhr begegnete mir der Zug dennoch. Für das Foto musste ich allerdings einen gehörigen Spurt auf einen Hügel hinlegen.

Durch das Glencoe Tal vorbei an der Brücke von Orchy geht es weiter in den Loch Lomond Nationalpark.

Der Loch Lomond Nationalpark

Es gibt wirklich unendlich viele tolle Wanderwege im Loch Lomond N.P., aber ich hatte mir den matschigsten ausgesucht. Um die Hochebene zu erreiche ging es erstmal durch eine Art Dschungel.

Nur einen Steinwurf entfernt liegt Sterling. Meiner Meinung nach das bessere Edinburgh. Gemütlich und übersichtlich. Das Victoria Square Guesthouse ist sehr zu empfehlen. Ruhig und zentral gelegen. Mit etwas Glück konnte ich auch ohne Online Buchung noch ein Ticket für das Wallace Monument vor Ort ergattern. Für das Castle hatte ich in Voraus gebucht.

Links: Canbuskenneth Abbey. Oben: Church of Holy Rude.

Das Beste kommt zum Schluss? Edinburgh.

Ich dachte erst, es liegt am Regen, der in der ersten Stunde meiner Sightseeing Tour durch Edinburgh niederging. Aber als dann die Sonne zum Vorschein kam, fand ich die Stadt auch nicht viel schöner. Überhaupt war ich von den Städten und Dörfern nicht so begeistert, wie ich es von Irland war.  Das berühmte Edinburgh Castle fand ich dementsprechend auch nicht so toll. Im Holyrood Park sieht es griechisch-römisch aus.

Reisen in Zeiten der Pandemie ist kompliziert. Nach dem Einchecken im Hotel war ich immer erstmal eine Stunde lang damit beschäftigt, Emails mit aktuellen Neuigkeiten zu lesen (man weiss ja nie, wo gerade der nächste Lockdown statt findet), mich online beim nächsten Hotel zu registrieren, die Zeiten für Frühstück und Abendessen zu reservieren, Tickets online zu buchen usw.. Ohne Laptop und Smartphone war hier nichts zu machen. Ich war auch nie sicher, ob ich überhaupt in mein Zimmer kam. Bei einigen Hotels wurde am Empfang die Temperatur gemessen. Bei einer Körpertemperatur von 38 Grad und drüber, wurde einem der Zutritt zum Hotel verweigert. Und dann? Wegen eines Schnupfens ins Krankenhaus zum Coronatest oder im Auto schlafen? Meine Temperatur lag zum Glück immer konstant bei 36,6 Grad. Ansonsten haben sich alle Leute ganz diszipliniert verhalten, was die Abstandsregeln, das Desinfizieren und das Tragen von Mund- Nasenschutz anging. Mir fiel nur auf, dass gerade ältere Leute, die ja besonders gefährdet sind, sich oftmals nicht daran gehalten haben. Das ist absurd… Und das Land selber? Eine sehr beeindruckende und abwechslungsreiche Landschaft. Nur die Städte und Dörfer habe ich mir schöner vorgestellt. Und schöne Pubs habe ich lediglich auf der Royal Mile in Edinburgh gesehen. Aber mit Publeben war ja sowieso essig. Das Essen ist nicht besonders abwechslungsreich und auch wenn man es als sehr schmackhaft angepriesen hat, so habe ich Haggis doch nie probiert. Kann es schmecken wie es will. Keine der Zutaten zu diesem Nationalgericht wird mein Magen jemals sehen. Das schottische Wetter ist gar nicht so schlecht. Lediglich ein Tag war völlig verregnet und dank Regenschirm und Poncho, musste ich auch nicht auf dem Zimmer bleiben. Allerdings wird es mich wahrscheinlich nicht ein zweites Mal hierher verschlagen. Dann schon eher nach Irland. Da ist die Natur zwar nicht so beeindruckend, aber da habe ich mich irgendwie heimisch gefühlt.