Florida 2025 America for beginners

Eigentlich hatte ich es mir ja geschworen, nicht während einer Präsidentschaft von Trump in die USA zu fahren, doch als diese Reise gebucht wurde, war er noch kein Präsident und die Reiserücktrittversicherung, sah das auch nicht als Kündigungsgrund an. Diesmal hatte ich auch meine Nichte und meinen Neffen im Schlepptau, denn die sollten auch mal die grosse weite Welt kennenlernen und das in einem Amerika, das sich gerade im Wandel befand. Wohin auch immer. Zwei Fragen hatte ich vor der Reise: Würde man Trumps Einfluss bemerken und ist das Reisen mit Kindern tatsächlich der größte Horror, den man sich antun kann?

Ich nehme es mal gleich vorweg: Die Menschen in den USA waren genauso freundlich wie immer und die kleinen mitreisenden Racker haben sich ausgesprochen gut benommen. Das Projekt „Urlaub mit Kindern“ ist also nicht gescheitert.

Drei der stärksten Hurricanes alles Zeiten musste Florida in den letzten paar Jahren über sich ergehen lassen. Der letzte, Marlene, war erst im Oktober 2024 genau bei Fort Myers Beach, unserem ersten Aufenthaltsort in Florida, auf Land getroffen. Entsprechend gross waren immer noch die Schäden. Man hatte das Gefühl, in einer südamerikanischen Bananenrepublik zu sein und nicht in den USA. Aber das hatte auch seinen Charme.

Je näher am Strand, desto größer der Schaden. Einige Gebäude waren schon repariert, andere noch verlassen und manche Ruinen wurden gerade abgerissen um neuen, diesmal vielleicht robusteren Gebäuden, Platz zu machen.

Im Zentrum von Ft. Myers Beach sieht es auch noch wüst aus. Viele Restaurants sind nur provisorisch geöffnet und der Pier ist völlig zerstört. Die Rohre, die unter dem Strand verlaufen und den Sand aus dem Meer nach oben fördern, können bei Undichtigkeiten den Strand unterspülen und zu riesigen Matschlöchern führen. Wer hier gelegen hat, ist auf Nimmerwiedersehen verschwunden.

Fort Myers auf dem Festland ist etwas glimpflicher davon gekommen und hat eine kleine und schöne Altstadt.

Aber das Schönste an Fort Myers Beach und der Westküste Floridas, sind natürlich die Sonnenuntergänge. Und wenn es einem gelingt, die zwischen den letzten verbliebenen Palmen geparkten Baumaschinen auszublenden, der kann sich jeden Abend auf ein wunderschönes Naturspektakel freuen, das einen für all die kleinen Einschränkungen entschädigt.

Nur kurz über die gebührenpflichtige Brücke und man ist auf Sanibel Island. Die Attraktion hier sind Muscheln. Das ständige Ausschau halten nach den seltensten Exemplaren, führt bei den Sammlern zu einer unnatürlichen Körperhaltung. Ansonsten ist hier Radfahren und wandern angesagt, immer auf der Suche nach einer anderen Sehenswürdigkeit hier: Dem Alligator.

Nun, auf Sanibel Island gab es nur einen verschlafenen Alligator unter einer Brücke zu sehen und auch bei einem Bootsausflug in Everglades City sieht man keinen dieser Schnappmäuler. Dafür aber jede Menge Vögel und manchmal auch ein paar Delfine, die im Kielwasser des Bootes ihren Spass haben. Eine langsame Fahrt durch die Mangroven hat auch etwas mystisches.

Wenn man, so wie ich, Kinder im Gepäck hat, dann wird man um diese Stadt nicht herumkommen. Orlando. Denn hier liegt ein Land, das anders ist, als alle anderen Länder dieser Welt. Ein Land für Kinder und diejenigen, die nie erwachsen geworden sind: Disneyworld.

Schon beim Frühstück im Motel sieht man die Hardcorefans mit Mickey T-Shirts und aufgesetzten Papierohren. Ich war 1997 schon einmal in Disneyworld und war verzaubert und begeistert. Dieses Mal war es anders und ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, um mit dem Disney Konzern abzurechnen. Denn eines ist sicher: Ein Vergnügungspark hat seine Grenzen…

There is no Magic in this Kingdom anymore!

Das hat er sich vermutlich anders vorgestellt, der gute Walt. Ein buntes T-Shirt und große Ohren reichen aber nicht aus, für einen märchenhaften Tag.

Und dann die Wartezeiten. 75 Minuten am Space Mountain, 90 Minuten bei den sieben Zwergen, 45 Minuten bei einer Achterbahn, die aus technischen Gründen kurz vor unserem Fahrtantritt geschlossen wurde. Das gleiche Spiel bei der Wildwasserbahn nach Einer Stunde Wartezeit. Und die Mountain Railroad War wegen Renovierung komplett geschlossen. Wer also gerne in der Schlange steht und für eine 90 Sekunden lange Fahrt umgerechnet 85 Dollar ausgeben möchte, der ist hier im „Magic Kingdom“ genau richtig. Magic ist hier nur, wie das Geld sich in Luft auflöst. Man kann den Tag aber gerade noch retten, wenn man sich den stillen Unternehmungen widmet. Mit dem Raddampfer fahren oder sich mit dem Floß ohne Wartezeit zu Tom Sawyers Insel bringen lassen, wo man bei einer Wanderung dem Trubel und dem Lärm der populären Attraktionen entkommen kann.

Mickey und Minnie sind nur auf Ballons zu sehen. Eine echte Begegnung Fehlanzeige. Die Drei-Wagen-Parade mit unbekannten Figuren, war lächerlich.

The Magic has gone…

Das es auch anders geht, zeigt das Kennedy Space Center. Informativ, Spannend (inclusive Mondgestein anfassen) und bestens organisiert.

Immer an der Ostküste entlang, ging es dann nach Cutlers Bay, einem kleinen und gemütlichen Vorort von Miami. In einem typischen amerikanischen Haus in einer typischen amerikanischen Wohngegend, kommt man sich ganz wie ein Einheimischer vor. Von hier aus kann man sich durch den völlig zusammengebrochenen Verkehr Richtung Norden nach Miami Beach durchschlagen und die Schönen Häuser und schönen Menschen im Art Deco Viertel bestaunen, einen kleinen Workout im Open Air Gym durchziehen, oder einfach an den Strand gehen und das Wetter genießen.

Etwas schneller, aber auch nicht ganz staufrei, geht es fix auf die Florida Keys. Bis ins berühmte Key West war es dann doch zu weit und so haben wir uns mit der ersten Insel, Key Largo, zufrieden gegeben. Immerhin kann man hier das original Boot aus dem Film African Queen mit Humphrey Bogart und Katherine Hepburn bewundern. Die Kiddies hatten allerdings keine Ahnung von diesem Filmklassiker und die Schauspieler waren ihnen auch völlig fremd. Kommt noch. Wer kein Cineast ist, aber etwas Hunger verspürt, kann bei Mrs. Macs Kitchen einen Key Lime Pie essen. Das ist von der Kalorienzahl eine Komplette Mahlzeit und muss unbedingt mit viel Flüssigkeit runtergespült werden, damit er nicht in der Speiseröhre kleben bleibt. Obwohl der Kuchen hier der Beste sein soll, hatte ich zuvor schon einen besseren gegessen.

Ein kleiner Abzweig in Florida City und Schwupp, erreicht man den Everglades Nationalpark. Wenn es hier keine Alligatoren gibt, dann weiss ich auch nicht mehr. Und tatsächlich: Der erste Alligator! Leider war der arme Kerl gerade einer Kollision mit einem Auto erlegen. Er war praktisch noch ganz warm. Als Fotomotiv vielleicht noch witzig (oder zum Heulen) war er doch nicht das, was wir sehen wollten. Neben einem Toten Alligator gab es auch noch einen toten Geier zu sehen und stinkende Tümpel und Darter-Vögel, die Fische einfach aufspießen.

Und dann war es endlich soweit: Der König der Everglades lag dösend vor uns im Gras. Na da hat sich doch die Lange Anreise und tagelange Suche nach dieser Riesenechse gelohnt.

Mission erfüllt.

Und zum Schluss wie immer die Frage: Hat es sich gelohnt? Auf jeden Fall. Die vielen negativen Eindrücke sind eben auch Erfahrungen, die man mal machen muss. Für die Kiddies war diese erste Reise in die USA hoffentlich ein prägendes und lehrreiches Erlebnis.  Eines müssen sie nicht mehr lernen, denn das konnten sie von Anfang an: Eine Reise so angenehm und problemlos zu gestalten, dass meine Vorurteile über das Reisen mit Kindern ausgeräumt worden sind.  Sie haben verstanden, worauf es beim Reisen in einer Gruppe ankommt. Und so habe auch ich etwas aus dieser für mich ansonsten unspektakulären Reise gelernt.  Danke dafür.